21/05/15 DEALING WITH BEAUTY

Für die Thailänderinnen, vor allem die jüngeren, scheint Schönheit eine große Rolle zu spielen. Größer sogar, als ich es vielleicht erwartet hätte - von einem anderen Kulturkreis, so weit entfernt vom unsrigen; immerhin liegen 8.600 km zwischen Thailand und meiner Heimat, in der die Beschäftigung mit dem eigenen Äußeren schon keinen Zeitvertreib mehr, sondern beinahe einen Zwang darstellt - so allgegenwärtig wie sie, von jeder Seite aus gefördert, mittlerweile ist. Und offenbar genügt nicht einmal ein zwölf Stunden Flug, um diesem allgemeinen Schönheitskult zu entfliehen.
Erstaunlich, wie wenig sich das thailändische Verständnis von Schönheit dann auch noch von dem hiesigen unterscheidet. Fährt man mit dem Skytrain durch Bangkok, sitzen einem akkurat und sorgfältig geschminkte junge Frauen gegenüber: Die Haut hell gepudert, in den Augen farbige Kontaktlinsen, manchmal mit Vergrößerungseffekt, und verziert mit einem, so scheint es, ausgeklügelten Lidschatten-Arrangement, das vermutlich den Anschein einer Lidfalte erwecken soll. Das eigentümlich Asiatische wird mit Schminke und anderen Mittelchen bestmöglich überpinselt. In den Supermärkten tummeln sich Whitening Creams, aufhellende Haarfarbe und Geräte, deren mögliche Funktion sich meiner Vorstellungskraft völlig entzog. Neben ihnen reihen sich Magazine mit hübschen Mädchen auf dem Cover - modern, europäisch, attraktiv, weil: ultrageschminkt. Es ist die gleiche Art hübscher Mädchen, die einem in TV-Soaps und Werbespots zart entgegen schmunzelt. Oft begegnen ihre perfekten Gesichter sogar denen ihrer gewöhnlichen Jüngerinnen aus dem Skytrain; nämlich dann, wenn nur wenige Zentimeter über den Köpfen der Bahnfahrenden auf einem Bildschirm die Clips ihrer schönen Vorbilder in einer Dauerschleife ausgestrahlt werden. Direkter und anschaulicher kann der Zusammenhang von Werbung und Alltag wahrscheinlich auch nicht mehr dargestellt werden, als in solch einem Moment.
Falls es also überhaupt einen Unterschied zu unserem Umgang mit Schönheit gibt, dann den, dass unsere Affinität zu eifrigen Verbesserungsarbeiten an der eigenen Fassade noch getoppt wird.
Umso mehr habe ich mich dann gefreut, als wir in Chiang Mai, wo gerade das Flower Festival stattfand, in den Trubel einer Tanzshow gerieten. Die Teilnehmerinnen trugen traditionelle Kostüme, sie bewegten sich graziös und tanzten anmutig und stolz im Stile der alten, thailändischen Kultur. Auch sie waren geschminkt bis zum Äußersten, aber eben in einem anderen Kontext. Und in einer Art Fusion von neuer und von alter Schönheit in Thailand.






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